Warum Nafisa?
Nafisa bint al-Hasan war eine Urenkelin des Propheten Muhammad (s). Wir haben uns für sie als Namensgeberin entschieden, weil wir damit zum einen an eine bedeutende weibliche Persönlichkeit aus der frühen islamischen Geschichte erinnern wollen und zum anderen, weil sie uns als Teilhabende an spiritueller, gelehrter und gesellschaftlicher Öffentlichkeit inspiriert.
Nafisa bint al-Hasan lebte von 762-824 in Mekka, Medina und Fustat (das heutige Kairo). Sie war eine Koran-Gelehrte, überlieferte Berichte über das Leben des Propheten und war auch in rechtlichen Fragen eine Autorität. Sie wuchs in Medina auf und zog nach ihrer Eheschließung mit Ishaq ibn Dscha’far nach Fustat in Ägypten. Als Gelehrte nahm sie aktiv am religiösen und gesellschaftlichen Diskurs ihrer Zeit teil. Ihren öffentlichen Unterricht besuchten u.a. auch Imam al-Schafi’i, der Begründer einer der vier großen sunnitischen fiqh-Schulen und der Mystiker Dhu al-Nun al-Misri. In seinem Testament verfügte al-Schafi’i, dass seine Totenbahre auf dem Weg zum Friedhof an ihrem Haus innehalten sollte. Auf seine Bitte hin betete sie das Totengebet für ihn in ihrem Haus.
Nicht alles, was von Nafisa bint al-Hasan gesagt wird, kann zweifelsfrei auf sie zurückgeführt werden. Viele Geschichten und Legenden ranken sich um sie. Nichtsdestotrotz ist ihre Rezeption ein Beleg für ihre schon damals große Beliebtheit, vorbildhafte Wohltätigkeit und Autorität in religiösen Angelegenheiten, denen die Tatsache, dass sie eine Frau war, keinerlei Abbruch tat. Nicht zuletzt ist es auch das, worauf wir mit ihr als Namensgeberin hinweisen wollen: Sie hatte als weibliche Gelehrte eine hohe Stellung innerhalb der damaligen Gesellschaft und bedeutende Gelehrte waren stolz darauf, sie als ihre Lehrerin zu benennen. Wir wollen ihr Beispiel – und das vieler anderer gelehrter Frauen – wieder ins Bewusstsein rufen, weil wir es als wegweisendes Modell für eine Teilhabe am öffentlichen Leben und intellektuellen Diskurs ansehen, das es auch in unserer Gesellschaft – innerhalb wie außerhalb der muslimischen Community – noch zu verwirklichen gilt.